KPV: Kommunen brauchen Verlässlichkeit und Klarheit in der Flüchtlingskrise

08.04.2022

Die Bund-Länder-Runde vom 7. April 2022 hat weitreichende Entscheidungen zur Aufteilung der Kosten zwischen Bund, Ländern und Kommunen getroffen. Ab dem 1. Juni sollen die Vertriebenen aus der Ukraine Leistungen aus dem SGB II erhalten und damit von den Jobcentern betreut werden. Darüber hinaus erhalten die Länder 2022 vom Bund insgesamt 2 Milliarden Euro. Außerdem enthält das Beschlusspapier Absichtserklärungen für eine zügige Registrierung und verbindliche Verteilung der Kriegsflüchtlinge, zur medizinischen Versorgung sowie allgemeine Ankündigungen für weitere Entlastungen der Menschen in Deutschland angesichts der massiv gestiegenen Energiekosten.

Bewertung der zentralen Aussagen aus kommunaler Sicht:

Grundsicherung für Ukraine-Flüchtlinge (Gleichstellung mit anerkannten Asylbewerbern)

Die Eingliederung der ukrainischen Flüchtlinge in das SGB II ist auf Grundlage der EU-Massenzustromrichtlinie als Ausnahme umsetzbar. Sie gelten damit von vornherein als anerkannte Flüchtlinge. Dies darf keinesfalls den Weg zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes ebnen. Eine generelle Eingliederung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in den Leistungsbereich des SGB II wäre ordnungspolitisch und systemlogisch falsch und würde zu Pull-Effekten führen, die letztendlich die Aufnahme- und Betreuungsfähigkeiten der Kommunen überlasten würden.

Finanzielle Unterstützung durch den Bund

Der Bund unterstützt die Länder mit insgesamt zwei Milliarden Euro bei ihren Mehraufwendungen für die Geflüchteten aus der Ukraine. Die Summe setzt sich zusammen aus:

  • 500 Millionen Euro zur Unterstützung der Kommunen bei den Kosten der Unterkunft der Geflüchteten aus der Ukraine.
  • 500 Millionen Euro zur Abgeltung der Kosten, die zur bisherigen Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine im Bereich der Lebenshaltungskosten angefallen sind.
  • Einer Milliarde Euro als Beteiligung an den übrigen Kosten im Zusammenhang mit den Geflüchteten aus der Ukraine, etwa für die Kinderbetreuung und Beschulung sowie Gesundheits- und Pflegekosten.

Die Pauschale wird den Ländern über einen erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer zur Verfügung gestellt. Für 2023 soll Ende 2022 eine neue Übereinkunft getroffen werden.

Hier kommt es entscheidend darauf an, dass das Geld auch tatsächlich bei den Kommunen ankommt. Auch in der Vergangenheit haben wir immer gefordert, den Kommunen direkt über einen Anteil an der Umsatzsteuer die Mittel zuzuleiten. Wie hoch die Kosten letztendlich sind, hängt von der weiteren dynamischen Entwicklung ab. Hier stehen die Länder in der Pflicht, ihre Kommunen bei steigenden Ausgaben entsprechend zu unterstützen.

Registrierung und Verteilung der Kriegsflüchtlinge

Weiterhin ungelöst bleibt die Frage nach der Registrierung und Verteilung der Kriegsflüchtlinge. Zwar heißt es in dem Beschlusspapier, dass die Menschen zügig registriert und nach Königsteiner Schlüssel verteilt werden sollen. Wie dies umgesetzt werden soll, bleibt unklar. Das vorgeschlagene Verfahren nach FREE ist nach Aussage der kommunalen Spitzenverbände nicht geeignet. Klar ist: Solange nicht alle ankommenden Flüchtlinge ausnahmslos registriert werden und zwar bereits bei Grenzübertritt, haben wir keine zuverlässigen Zahlen. Schon jetzt sind einige Länder – insbesondere Berlin – überproportional belastet. Eine nachträgliche Zuweisung - der Menschen in andere Bundesländer – nach 90 Tagen oder noch später – stellt eine enorme Zumutung für die betroffenen Menschen dar.

Medizinische Versorgung

Angesichts einer Impfquote von 30 Prozent gegen das Coronavirus in der Ukraine ist es richtig, dass Bund und Länder Informationsmaterialien in ukrainischer Sprache sowie Impfangebote bereitstellen wollen. Impfzentren haben sich in der Vergangenheit bewährt, deshalb begrüßen wir die Förderzusage des Bundes über Mai 2022 hinaus. Auch weitere Schutzimpfungen verbindlich machen zu wollen, wie etwa Masern und Röteln, ist richtig, da die geflohenen Kinder Kitas und Schulen besuchen sollen. Unterschiedliche Verpflichtungen für Schutzimpfungen in diesem Bereich wären in der Bevölkerung nicht vermittelbar.

Energieversorgung /Bezahlbarkeit

Damit Deutschland möglichst schnell unabhängig wird von russischen Energieimporten bekräftigt das Beschlusspapier den forcierten Ausbau Erneuerbarer Energien und mehr Anstrengungen beim Energiesparen. Flankierend sollte die Bundesregierung über eine Verlängerung der Laufzeiten von Braunkohle- und Atomkraftwerken nachdenken sowie die Förderung heimischen Erdgases in Betracht ziehen.
Das Papier enthält keine Aussagen über konkrete weitere Entlastungen für Verbraucher und Unternehmen. Das vorgelegte Entlastungspaket ist eben nicht ausreichend.

Autor: Christian Haase MdB, Bundesvorsitzender der KPV