Interview: „Der Rhein-Berg-Kreis ist stark, innovativ und zukunftsfähig“

31.10.2025
Kreistagsfraktion

Stephan Santelmann nach 2.929 Tagen als Landrat im Gespräch

Stephan Santelmann (CDU) war 2.929 Tage Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises. Am 31. Oktober 2025, dem letzten Tag seiner Amtszeit, haben wir die Gelegenheit genutzt, gemeinsam mit ihm auf acht erfolgreiche Jahre für den Rheinisch-Bergischen Kreis zurückzublicken.

Was sind die größten Erfolge, auf die du in deiner Amtszeit am meisten stolz bist?

Ich freue mich besonders über die erhebliche Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes. Durch innovative Flächen- und Mobilitätsprojekte konnten wir den Rheinisch-Bergischen Kreis als attraktiven Wirtschaftsraum weiterentwickeln. Gleichzeitig war mir die Bildung ein Herzensanliegen: Mit der Übertragung der Berufskollegs auf den Kreis, dem Konzept des Bildungscampus Zanders in Bergisch Gladbach und der Absichtserklärung für einen zweiten Bildungscampus in Rösrath haben wir den Bildungsraum Rhein-Berg nachhaltig gestärkt.

Auch im Krisenmanagement haben wir neue Resilienz-Konzepte entwickelt und umgesetzt. Der Kreis zählt trotz seiner Lage an der Rheinschiene weiterhin zu den sichersten in Nordrhein-Westfalen – dank starker Konzepte zur Verkehrssicherheit und zur Bekämpfung von Kriminalität.

Ein weiteres Highlight war die herausragende Umsetzung der REGIONALE 2025 im Programmgebiet Bergisches Rheinland – mit Leuchtturmprojekten wie dem Zanders-Areal oder dem Projekt Rhombus in Wermelskirchen. Diese Vorhaben stehen für eine hohe Leistungsfähigkeit der Verwaltungen.

Darüber hinaus haben wir die soziale Entwicklung des Kreises mit guten Verwaltungskonzepten vorangebracht – Integration, Inklusion und Familienförderung gestärkt sowie Kinder und Jugendliche gezielt unterstützt. Besonders gefreut hat mich, dass der Kreis sowohl mit dem Titel „Deutschlands schönster Wanderweg“ als auch mit dem „Europäischen Kulturerbesiegel“ durch die EU-Kommission ausgezeichnet wurde – letzteres nach fünfjähriger intensiver Vorbereitungszeit im Rahmen eines internationalen Zisterzienser-Netzwerks.

Nicht zuletzt konnten wir die Kreisverwaltung intern neu organisieren, ihre Leistungsfähigkeit deutlich steigern und wichtige neue Aufgabenfelder – etwa im Katastrophenschutz – aufbauen.

Welche Herausforderungen haben deine Amtszeit am meisten geprägt und wie hast du diese gemeistert?

Die herausragende Arbeit unserer Kreispolizeibehörde beim Missbrauchsskandal in Bergisch Gladbach war zweifellos eine der größten Herausforderungen. Wir haben den Kinderschutz daraufhin beispielhaft gestärkt und wichtige Strukturen nachhaltig verbessert.

Die Corona-Pandemie und die Energiekrise stellten uns vor enorme Aufgaben. Durch eine intensive Evaluation dieser Krisen konnten wir unser Krisenmanagement und den Katastrophenschutz erheblich weiterentwickeln und wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Verbesserung des Hochwasserschutzes – inzwischen arbeiten wir dazu erfolgreich im Verbund mit benachbarten Kreisen und Wasserverbänden. So erhöhen wir die Sicherheit und setzen zugleich unser Klimawandelvorsorgekonzept um.

Mobilität bedeutet Lebensqualität. Hier hat sich viel getan im Rheinisch-Bergischen Kreis in den letzten Jahren. Welche innovativen Ansätze konnten umgesetzt werden und wie hat sich die Mobilität der Menschen dadurch verbessert?

Wir haben den öffentlichen Nahverkehr angebotsorientiert auf Grundlage des Mobilitätskonzeptes ausgebaut und gleichzeitig den Radverkehr durch Radschnellwege, E-Bike-Stationen und Carsharing-Angebote gestärkt. Der Rheinisch-Bergische Kreis ist Modellregion für innovative Verkehrskonzepte geworden – etwa bei der Vernetzung verschiedener Verkehrsträger durch Mobilstationen. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir mit dem „grünen Mobilhof“ in Bensberg den ersten emissionsarmen ÖPNV-Betriebshof in Nordrhein-Westfalen realisieren konnten.

Klimawandelvorsorge und Klimaschutz sind elementare Anliegen. Was konnte der Rheinisch-Bergische Kreis hier in den letzten Jahren bewirken?

Ein zentrales Thema war die Stärkung der Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels. Mit dem geförderten Projekt Klimaresilientes Odenthal haben wir hier Maßstäbe gesetzt. Zudem entsteht mit dem Wasserkompetenz- und Bildungszentrum Aqualon in Lindscheid an der Dhünntalsperre ein überregional bedeutsamer Lern- und Forschungsort. Gemeinsam mit dem Oberbergischen Kreis und der Stadt Leverkusen wollen wir den Rheinisch-Bergischen Kreis im Sinne der nationalen Wasserstrategie zu einem Modellraum Wasser entwickeln – in enger Zusammenarbeit mit der NRW-Enquetekommission Wasserschutz.

Darüber hinaus haben wir den Ausbau regenerativer Energien vorangetrieben und energetische Sanierungen öffentlicher Gebäude umgesetzt. Dafür wurde der Kreis mehrfach mit dem European Energy Award ausgezeichnet.

Eine überregionale Zusammenarbeit war dir immer besonders wichtig. Die REGIONALE 2025 ist ein erfolgreiches Beispiel dafür. Wo und wie müssen wir deiner Meinung nach weiterhin gemeinsam mit anderen Kreisen die Herausforderungen der Zukunft angehen?

Die enge Kooperation mit unseren acht Kommunen war und bleibt zentral – nicht nur im Rahmen der REGIONALE 2025, sondern auch in Bereichen wie den Berufskollegs oder dem Krankenhaus Wermelskirchen. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit dem Oberbergischen Kreis, dem Rhein-Sieg-Kreis und der Stadt Leverkusen zusammen – etwa bei Mobilität, Abfallwirtschaft, Tourismus oder Wirtschaftsförderung.

Als Vorstandsvorsitzender der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Bergisches Land habe ich diese Zusammenarbeit neu belebt. Mit der Altenberger Erklärung, der Wiedereröffnung von Schloss Burg und dem Kulturerbesiegel für Altenberg haben wir das Bergische Land als Innovations- und Kulturraum neu positioniert.

Wir haben bereits mehrfach über den begonnenen Transformationsprozess der Verwaltung berichtet, den Politik und Verwaltung gemeinsam angegangen sind. Wie siehst du die Verwaltung hier aktuell aufgestellt?

Wir haben mit der Haushaltskonsolidierung einen beispielgebenden Prozess initiiert und umgesetzt. Gleichzeitig wurde die IT-Resilienz deutlich gestärkt und der vom Kreistag beschlossene Transformationsprozess konsequent vorangetrieben. Trotz des allgemeinen Fachkräftemangels ist es gelungen, erfolgreich Personal zu gewinnen und mit einem neuen Dispositionspool die Personalausgaben zu begrenzen. Auch bei der Digitalisierung unserer Service-Angebote hat die Verwaltung in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt.

Was wünschst du dem Rheinisch-Bergischen Kreis und deinem Nachfolger für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass die regionale und interkommunale Zusammenarbeit weiter ausgebaut wird. Der Rheinisch-Bergische Kreis sollte sich für das Weltkulturerbesiegel bewerben – das wäre ein starkes Signal für unsere Region. Wichtig bleibt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, Mut und Innovationsgeist zu bewahren und unsere Demokratie weiterhin zu stärken.

Herzlichen Dank für dein Engagement für die Menschen im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Das Interview führten Maurice Winter und Lennart Höring.